Nationalismus bedeutet Krieg (Kommentar zur Europawahl von Ullo Scheuerl)

Cover des Buches von Robert Menasse
Foto: eigen

11. Juni 2024

„Nationalismus bedeutet Krieg“ hatte 1992 der ehemalig französische Präsident Francois Mitterand vor Studierenden und Lehrenden des Instituts d’Études Politiques ausgerufen und konnte dabei auf viele Beispiele aus der europäischen Geschichte verweisen. So waren es serbische Nationalisten, die mit dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger den ersten Weltkrieg auslösten. Den zweiten Weltkrieg brachen die Nazis mit ihrem übersteigerten Nationalismus vom Zaun und die Balkankriege in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren ebenso reine nationalistische Kriege.

Nationalismus hat noch niemals und nirgends ein Problem gelöst, aber viele verursacht. Das kann man unwidersprochen behaupten und auch in der jüngeren Geschichte finden sich die Beispiele. Nationalisten waren es, die den Brexit mit den bekannten verheerenden Folgen für die Insel anzettelten. Der Nationalist Erdogan führt im Namen der Bewahrung der nationalen Größe der Türkei eine erbitterte Auseinandersetzung mit den Kurden, die wiederum für eine eigene Nation kämpfen.

Donald Trump gebärdet sich in den Vereinigten Staaten als unerschütterlicher Nationalist („Amerika first“) und um die Beispiele abzuschließen, muss natürlich noch Wladimir Putin genannt werden. Seinen brutalen Überfall auf die unabhängige Ukraine begründet er wie selbstverständlich mit dem Anspruch nach nationaler Größe Russlands, die er mit seiner „militärischen Spezialoperation“ wieder herstellen will.

Mitterands hielt seine Rede anlässlich des französischen Referendums über den Maastricht Vertrag im Jahr 1992, bei der er der Einigung Europas das Wort führte. Eine Einigung von Nationalstaaten, die ihre eigenen Interessen hinter die eines geeinigten Europas zum Erhalt von Sicherheit, Freiheit, Wohlstand und Frieden anstellten. Lebte Mitterand heute, so würde er das Ergebnis der Europawahl vom 9. Juni 2024 wohl zum Anlass nehmen, gegen den wieder aufflammenden Nationalismus Stellung zu beziehen und die Europäer zu mahnen, den Nationalismus endlich zu überwinden und ein nachnationales Europa zu bauen.

(Buchtipp Robert Menasse: Die Welt von morgen – Ein souveränes demokratisches Europa und seine Feinde)

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