Wohnen in Bad Reichenhall

Guido Boguslawski erläutert vor Ort das Bauprojekt von Max Aicher in der Frühlingstraße. Auf dem Bild von links: Hans Schubert, Michael Wittmann, Elli Reischl, Guido Boguslawski und Susanne Aigner mit Tochter Philippa
Foto: eigen

15. August 2021

Kritik am Stadtratsbeschluss zum Wohnbauprojekt Frühlingstraße

„Wir brauchen Sozialwohnungen, nicht Geld, das im Haushalt versickert“

Zur Bebauung des Grundstücks an der Frühlingstrasse durch den Bauunternehmer Max Aicher, wonach 30 Prozent des Planungswertgewinns von der Stadt abgeschöpft werden sollen, gab es beim Ortstermin der Reichenhaller SPD heftige Kritik. Immerhin, so der Ortsvorsitzende Guido Boguslawski, der an der Stadtratssitzung nicht teilnehmen konnte, komme hier erstmals zur Anwendung, was die SPD für solche Projekte seit langem fordert, nämlich Planungsgewinne für die Allgemeinheit zu nutzen. Allerdings sei es der falsche Weg, daraus finanzielle Einnahmen für den städtischen Haushalt zu erzielen: „Wir brauchen dringend Sozialwohnungen und nicht Geld, das dann im Haushalt versickert“.

130 meist teure Eigentumswohnungen, plant der Freilassinger Bauunternehmer an der Frühlingstraße, vorausgesetzt, die Stadt wandelt per Beschluss das Grundstück von Außenbereich in Bauland um. Dass dabei nicht einmal 10 Prozent an bezahlba­rem Wohnraum angeboten werden, sei nach dem Ergebnis der Sozialraumanalyse viel zu wenig, meint die ehemalige Stadträtin Elli Reischl: „Für was gibt man solche Stu-dien in Auftrag, wenn Ergebnisse dann nicht beachtet werden“.

Seine Verwunderung äußerte auch Dr. Michael Wittmann, der als Interessierter beim Ortstermin anwesend war. Bei der Stadtratsitzung habe der FWG-Stadtrat Hötzendorfer zunächst sinnvollerweise einen Anteil von mindestens 30 Prozent an Sozialwohnungen gefordert, dann aber wurde auf Antrag der Grünen-Stadträtin Dr. Pia Heberer der Beschluss gefasst, „nur“ 30 Prozent des Wertgewinns für den städti­schen Haushalt abzuschöpfen. Auch die Grünen sollten ihrer sozialen Verantwortung und der Stadtentwicklung gerecht werden, so Dr. Wittmann und er forderte, 50 % des Vorhabens als bezahlbare Mietwohnungen, vorzusehen und weniger teure Eigentums­wohnungen für Zweitwohnungsbesitzer zu schaffen.

Belegungsrecht durch die Stadt

„Wichtig ist bei Investoren wie der Fa. Max Aicher der Dialog“, meinte die Freilas­singer SPD-Stadträtin Susanne Aigner, die in ihrer Funktion als stellvertretende Kreisvorsitzende an der Besprechung teilnahm. Was sich vor der Erteilung der Baugenehmigungen immer vielversprechend anhöre, werde hinterher nicht eingelöst. Als aktuelles Beispiel nannte Aigner das Wohnbauprojekt Sonnenfeld in Freilassing. Hier wäre ein Anteil an bezahlbarem Wohnraum für Freilassing wichtig gewesen. Bei diesem Großprojekt blieb von den Ankündigungen zuletzt keine einzige bezahlbare Wohnung für die Allgemeinheit übrig. Lediglich durch Nachverhandlungen durch den Bürgermeister der Stadt Freilassing wird hier eine dringend notwendige Kinderkrippe integriert werden. Es lohnt sich, zu reden und zu verhandeln, so die Freilassinger Stadträtin.

Sollte die Stadt Bad Reichenhall eine Vereinbarung treffen, mit der auch Sozialwoh-nungen geschaffen werden, sei zuletzt auch die Frage sehr wichtig, wer die Wohnun-gen belegt. Hier sollte sich die Stadt das Belegungsrecht vorbehalten, so dass die So­zialwohnungen nur durch die Stadt, etwa durch die städtische Wohnbaugesellschaft, vergeben werden, meinte Susanne Aigner.

500 Wohnungen für Familien, für Alleinerziehende oder Senioren mit kleiner Rente fehlen in Reichenhall, betonte Guido Boguslawski noch einmal. Die Sozialraumana­lyse habe dies ergeben und die Stadt darauf hingewiesen, dass für die zukünftig benö­tigten Fachkräfte diese Wohnungen gebraucht werden, weil viele dieser Stellen nur durch Zuzug nach Reichenhall besetzt werden könnten. Sozialer Wohnraum sei deshalb auch eine Frage der Zukunftsfähigkeit für die Kurstadt. Das Projekt in der Frühlingstraße ist zu befürworten, aber nur wenn „die Handlungsmöglichkeiten der Stadt zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums voll genutzt werden“, so der SPD-Stadt­rat Guido Boguslawski.

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