Artikel zum Thema Radverkehr in Bad Reichenhall

Foto: eigen

12. Januar 2025

„Die lange Bank ist im Rathaus das wohl wichtigste Möbelstück“

Seit fünf Jahren bestehen für die Kommunen in Deutschland sämtliche Voraussetzungen, um sichere und bequeme Radverkehrsnetze zu schaffen. Zum einen sei damals die Straßenverkehrsordnung in der Weise geändert worden, dass jede Verkehrsstraße so umgestaltet werden kann, dass sie sicher mit dem Fahrrad befahren werden kann. Und zum anderen werden seither die von den Kommunen dafür getätigten Investitionen finanziell so großzügig aus Bundes- und Landesmitteln unterstützt, dass sich wirklich jede Gemeinde die Umstellungsmaßnahmen auch leisten kann.

Dass die Stadt Bad Reichenhall trotzdem seither nichts gemacht hat, um ein sicheres und bequemes Radverkehrsnetz zu schaffen, hat den Ortsverband der Grünen auf Initiative des Stadtrates und Umweltreferenten Michael Nürbauer veranlasst, das Thema aufzugreifen und Ulrich Scheuerl als Vertreter der Radinitiative einzuladen. In seinem Vortrag erinnerte dieser an den Kommunalwahlkampf im Jahr 2020 bei der alle Fraktionen mit dem Argument um Wählerstimmen warben, dass es mit ihr endlich ein gutes Radwegnetz geben werde. Das Ergebnis seither habe ihn aber ernüchtert: „die lange Bank ist im Rathaus das wohl wichtigste Möbelstück“, so Scheuerl

Viele Tempo 30 Zonen

Eigentlich sind in Reichenhall die Voraussetzungen für eine gutes Radwegnetz bestens. Die Stadt hat viele für den Radverkehr geeignete verkehrsberuhigte Bereiche und Tempo 30 Zonen (Abb. gelb). Und weil die Stadt eine markante Längsausrichtung hat (12 Kilometer lang und 2 Kilometer breit) bietet sich an, zwischen diesen Bereichen Längsachsen festzulegen (Abb. rot) , die, entsprechend für den Radverkehr umgestaltet, das Grundgerüst des Radwegnetzes bilden. Durch entsprechende Querverbindungen (Abb. grün) müsste man die Verbindung dazwischen noch radverkehrsgerecht gestalten und würde so ein geschlossenes Netz bekommen, das für die Radfahrer ein bequemes, sicheres und lückenloses Angebot darstellt.

Gleich nach der Kommunalwahl 2020 hat sich in Reichenhall eine Radverkehrsinitiative mit engagierten Leuten gebildet, die für den Oberbürgermeister und die Verwaltung einen vorläufigen Netzplan und konkrete Einzelvorschläge ausgearbeitet hat. Oberbürgermeister Lung hat daraufhin reagiert und im Stadtrat eine Radverkehrskommission mit Vertretern der Initiative sowie den einzelnen Stadtratsfraktionen, der Polizei und des Ordnungsamtes gebildet. Diese tagte dann zwei mal mit ziemlich ernüchternden Ergebnissen, so Ulrich Scheuerl. Viele Vorschläge wurden als nicht realisierbar bezeichnet. Und ohnehin müsse man noch die Verwaltungsvorschriften zur neuen StVO (VwV-StVO) abwarten. Zuletzt wurde dann alles deshalb aufgeschoben, weil der Stadtrat den ISEK Prozess anstoßen wolle und erst danach das Thema wieder aufgreifen werde.

Die Radverkehrskommission ist jetzt am Zug

Wer geglaubt hatte, dass nach ISEK mit der Umsetzung begonnen werde, sah sich aber getäuscht. Das Stadtentwicklungskonzept führte nur aus, dass es zu einem neuen Verkehrskonzept erst einmal ein Konzept für ein attraktives Radwegnetz mit einem entsprechenden Maßnahmenkatalog braucht. Für Scheuerl ist das Ganze aber erneut nur eine „lange Bank“ und er bat die Stadträte der Grünen, hier aktiv zu werden. Michael Nürbauer griff diesen Vorschlag auf. Er werde sich darum bemühen, dass die ehedem eingerichtet Radverkehrskommission des Stadtrates zu einer erneuten Sitzung einberufen werde. Und dort solle sich dann entscheiden, ob die Stadt wirklich erst ein Gutachten für geschätzt 30.000 Euro in Auftrag geben will, oder das von Radinitiative erstellte nicht als Grundlage verwende, um damit die Verwaltung zu beauftragen, daraus einen Maßnahmenkatalog mit Setzung eines Terminplans sowie der Ermittlung der Fördermöglichkeiten zu erstellen.

Netzplan und Maßnahmenkatalog für Bad Reichenhall (PDF, 6,51 MB)

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